Landeswettbewerb Stadtquartier mit Zukunft
Der Landespreis Stadtquartier mit Zukunft geht an Mittweida und Flöha
Am 6. Juni 2024 hat Staatsminister Thomas Schmidt erstmals den Sächsischen Landespreis »Stadtquartier mit Zukunft« vergeben. Der insgesamt mit 20 000 Euro dotierte Preis geht an die Beiträge der Großen Kreisstädte Flöha und Mittweida. Sie werden für ihre besonders guten Umsetzungen auf dem Gebiet der Stadt- und Quartiersentwicklung ausgezeichnet. 10 000 Euro erhält das Projekt »Alte Baumwolle – Neue Mitte Flöha« (Vorhabenträgerin: Große Kreisstadt Flöha | Verfasser/Planungsbeteiligte: Ticoncept Bauprojektentwicklungs- und Vertriebs GmbH, Berlin und KONZEPTBAU Bauträger und Internationale Immobilien GmbH, Kaufbeuren – Oberbeuren). Ebenfalls 10 000 Euro erhält das Projekt »Zwischen Markt und Technikumplatz: Mittweida – westliche Innenstadt« (Vorhabenträgerin und Gesamtplanung: Große Kreisstadt Mittweida).
Das Preisgericht spricht darüber hinaus dem Wettbewerbsbeitrag »Welt(en)stadt Oederan« (Vorhabenträgerin und Gesamtplanung: Stadt Oederan) eine Anerkennung aus.
Die umfangreiche Broschüre des Wettbewerbs können Sie in der Publikationsdatenbank des Freistaats Sachsen bestellen: Bestellung Broschüre Landespreis "Stadtquartier mit Zukunft"
Preisträger: Flöha
Die Jury begründet ihre Entscheidung zum Projekt „Alte Baumwolle – Neue Mitte Flöha“ wie folgt: Das industrielle Erbe im Chemnitzer Raum stellt insbesondere kleine und mittelgroße Kommunen bis heute vor große Herausforderungen im Umgang mit Industriebrachen und denkmalwürdigem Bestand. Mit der Transformation der alten Baumwollspinnerei zur ‚Neuen Mitte Flöha‘“ praktiziert die Stadt Flöha in beeindruckender und beispielloser Weise bereits über Jahrzehnte eine nachhaltige und identitätsstiftende Umbaukultur. Aufgrund ihrer Geschichte als junge und schnell gewachsene Industriegemeinde besitzt die Stadt kein historisch gewachsenes Zentrum. Die kommunalen Verantwortlichen erkannten in der Baumwollspinnerei frühzeitig die Chance auf eine neue Ortsmitte und erwarben das Areal vor über 20 Jahren entgegen herkömmlicher Praktiken. Die räumliche Nähe zum Bahnhof und die zentrale Lage innerhalb des Stadtkörpers begünstigen die Transformation der Industriebrache zu einem zentralen und gemischt genutzten Quartier. Die vorgefundene Nutzungsmischung aus Nahversorger, Stadtbibliothek, Rathaus, Kita, Vereinsräumen und Wohnen überzeugt und belebt das noch im Bau befindliche Areal schon jetzt durchgängig. Insbesondere die Wohnungen im Industriedenkmal ergänzen auf sinnvolle Weise das Wohnangebot im ländlichen Raum, bspw. für potenzielle Rückkehrer. Die öffentlichen Räume befinden sich derzeit noch in der Umsetzung, lassen aber auf eine vielfältige Benutzung und Aufenthaltsqualität nach Fertigstellung schließen. Der durchgängig sensible Umgang mit dem denkmalgeschützten Bestand und die hohe architektonische Qualität der Umbauten zeugen von dem Streben der Gemeinde, ihr baukulturelles Erbe zu bewahren und für zukünftige Nutzungen zu ertüchtigen. Das Preisgericht würdigt daher neben der architektonischen und städtebaulichen Qualität insbesondere auch den Mut und die Risikobereitschaft der Kommune, sich diesem langfristigen Wagnis Anlage zur Medieninformation 128 / 2024 vom 6. Juni 2024 Sächsisches Staatsministerium für Regionalentwicklung Seite 2 von 3 anzunehmen. Insgesamt überzeugt der innovative transformative Ansatz auf den verschiedenen Maßstabsebenen von Gesamtstadt, Quartier und Architektur.
Preisträger: Mittweida
Die Entscheidung zum Projekt „Zwischen Markt und Technikumplatz: Mittweida – westliche Innenstadt“ begründet das Preisgericht wie folgt: Der Stadt Mittweida gelingt es in der westlichen Innenstadt auf beeindruckende Weise, einen neuen zukunftsfähigen Quartiersschwerpunkt ‚Zwischen Markt und Technikumplatz‘“ zu entwickeln und dadurch die stadträumliche und funktionale Verbindung zwischen Hochschulstandort und Kernstadt zu manifestieren. Das Areal wurde dabei mit hohem Fokus auf den öffentlichen Raum aus dem Bestand heraus konsequent und angemessen behutsam weiterentwickelt. Dabei würdigt das Preisgericht die hohe Gestaltqualität der einzelnen freiraumplanerischen und hochbaulichen Maßnahmen und die starke stadträumliche Kontinuität, die ein Quartiersgefühl für viele Anwohnende und Nutzende generiert. Der nutzungsoffene Technikumplatz zeichnet sich durch starke Begrünung, teilentsiegelte Materialien und die qualitätvolle bauliche Komplettierung im südlichen Bereich mit dem Informationszentrum T9 der Hochschule aus. In unmittelbarer Nähe sicherte die Entscheidung für den neuen Standort der Stadtbibliothek sowohl die räumliche Prägnanz des südlichen Abschlusses des Technikumplatzes als auch den Erhalt wertvoller Bausubstanz des dem Verfall preisgegeben Gebäudes ‚Altes Hotel Chemnitz‘ auf beeindruckende Weise. Die hochwertige Neugestaltung der Rochlitzer Straße fördert mit der Reduzierung der Fahrbahnbreite im Einrichtungsverkehr und durch die Wahl der einheitlichen Natursteinbeläge aus regionalem Material in hohem Maße die Aufenthaltsqualität des verbindenden Stadtraums. Der Schwerpunkt der Gestaltung für Fußgehende und Radfahrende leistet hier einen besonderen Beitrag zur sichtbaren Mobilitätswende des Quartiers. Der Tzschirnerplatz schließlich generiert als neuer Pocketpark auf einem ehemals vollversiegelten Stellplatzareal einen grünen Rückzugsraum mit hohem Nutzungsangebot für alle Altersgruppen. Der Durchgrünungsgrad erzeugt kleinklimatische Verbesserungen für die umliegenden Wohnareale und der Ausbau der Infrastruktur mit öffentlichem WLAN vervollständigt das Nutzungsangebot. Besonders gewürdigt bei der Umsetzung aller Maßnahmen wird die beispielhafte Prozessqualität auf allen Planungsebenen, die frühzeitig und kontinuierlich verschiedenste Akteure und Akteurinnen teilhaben und somit eine hohe Akzeptanz der Bevölkerung erwarten lässt. Die konsequente Anwendung anerkannter Verfahren bei der Vergabe von Planungsleistungen über Planungswettbewerbe führte hier sichtbar zu einem hohen Maß an baukulturell wertvollen Bausteinen, die das Quartier als ablesbares Ensemble stärken. Weitere spannende Formen der Beteiligung wie die Maßnahmen ‚Summer of Pioneers‘ und der MiTTmachTreff in der Rochlitzer Straße forcieren die Belebung der Erdgeschosszonen und leisten einen wichtigen Beitrag als soziale Treffpunkte und Orte des Austauschs. Events und Aktionen wie der von Bürgern und Bürgerinnen selbstorganisierte Stadtgarten als temporäre Nutzung einer Baulücke, das Fahrradfest oder die Aperitif-Abende zeugen von einer regen Seite 3 von 3 Teilhabe der Bevölkerung und einer gelingenden Quartiersentwicklung. Dank dem außerordentlichen und kontinuierlichen Engagement der Stadt wurde in Mittweida ein ganzheitlicher und vielschichtiger Beitrag zur städtebaulichen Kultur in Sachsen geleistet.
Anerkennung für Oederan
Oederan betreibt mit der Welt(en)stadt eine ungewöhnliche Stadtentwicklung, deren Ansatz vom Preisgericht kontrovers diskutiert wird. Sie setzt sich aus vielen Einzelprojekten zusammen, die jeweils auf das Förderprogramm »Ab in die Mitte!« zurückgehen. Diese »Ab in die Mitte!«-Stadtentwicklung wird vom Preisgericht als kreative und niederschwellige Form von Stadtentwicklung gewürdigt. Aktuelle Herausforderungen – zum Beispiel Hochwasser, Industriebrache, Gewerbeleerstand – wurden jeweils zum Anlass genommen, die daraus resultierenden Fragestellungen mit positiven neuen Ideen in einen Mehrwert für die Stadtgesellschaft umzuwandeln. Über die Jahre ist es gelungen, einen kleinen Stadtpark mit Spielplatz, einen öffentlichen Freiraum entlang eines freigelegten Bachlaufs und einen Regionalmarkt in einem alten Gewerbebau zu realisieren. Mit minimalinvasiven Einzelmaßnahmen entstehen öffentliche Räume mit hoher Aufenthaltsqualität, die von der Bevölkerung gut angenommen werden. Der freigelegte Bachlauf ist auf den Klimawandel und für zukünftige Hochwassersituationen vorbereitet. Der Regionalmarkt unterstützt regionale Kreisläufe und Wertschöpfungsketten. Diese clevere Strategie der kleinen Schritte wird vom Preisgericht als vorbildhafter Beitrag zur Stärkung der Beteiligungskultur und des Gemeinwesens bewertet. Es gelingt eine engagierte Beteiligung verschiedener Bevölkerungsgruppen und von Vereinen, die zu einer Stärkung des Gemeinwesens und einer Belebung des öffentlichen Raums beiträgt. Hinsichtlich der Qualität der Gestaltungen werden im Einzelnen zwar Verbesserungsmöglichkeiten gesehen. Insgesamt aber würdigt das Preisgericht diese kreative Form der Stadtentwicklung in kleinen Schritten, die mit niedrigschwelligen Maßnahmen viel Positives für die Oederaner geschaffen hat, mit einer Anerkennung.
Der Auslober dotiert den Landeswettbewerb „Stadtquartier mit Zukunft“ mit einem Preisgeld von insgesamt 20.000 Euro. Das Preisgericht ist hinsichtlich der Preisvergabe und der Aufteilung des Preisgeldes in seiner Entscheidung frei. Die Festlegung der Anzahl der Auszeichnungen beziehungsweise Anerkennungen sowie die Aufteilung des Preisgeldes unter diesen obliegt dem Preisgericht. Auch eine Vergabe in mehreren Kategorien kann festgelegt werden.
Darüber hinaus erhalten die Preisträger und Nominierten ein umfangreiches Paket an medialer Präsenz, das unter anderem
- ein Porträt bei der der Wanderausstellung zum Landeswettbewerb,
- die Verbreitung des Projektes in den sozialen Medien des Auslobers einschließlich seiner Partner,
- die Darstellung auf der Website „Baukultur in Sachsen“,
- die Darstellung in der Broschüre zum Landeswettbewerb,
- eine Würdigung als Best-Practice-Beispiel im Zusammenhang mit Aktivitäten des simul⁺InnovationHub,
- die Präsentation in einem Imagefilm sowie
- die Würdigung bei der Preisverleihung durch eine Laudatio umfasst.
Im prämierten Quartier wird an geeigneter Stelle eine Tafel mit einem den Wettbewerbsbeitrag würdigenden Text angebracht beziehungsweise eine Stele aufgestellt.
Staatsministerium für Regionalentwicklung
Referat 52 - Stadtentwicklung und EU-Förderung
Boris Harbaum
Postanschrift:01095 Dresden
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